Geheimtipp Fichtelgebirge

Das Fichtelgebirge in Bayern ist eine aufstrebende Region. Besonders die Tourismusbranche zeigt ein stetiges Wachstum. Knud Wilden berät Städte und Gemeinden bei der Standortentwicklung und erklärt, weshalb er sich für neue Projekte im Fichtelgebirge engagiert.

Herr Wilden, was ist für Sie als Investor spannend am Fichtelgebirge?

Neben der sehr vielfältigen Landschaft vulkanischen Ursprungs mit Bergen, Flüssen und Seen haben wir es mit einem ehemaligen industriell geprägten Wirtschaftsstandort zu tun, der sich zuletzt sehr positiv entwickelt hat. Hier lohnt es sich, frühzeitig zu investieren, denn wir sehen eine Region, die sich derzeit neu erfindet.

Inwiefern sehen Sie hier eine Neuerfindung?

Das Fichtelgebirge hat sich wirtschaftlich stark gewandelt. In der Vergangenheit hat der Standort viel unter exogenen Faktoren gelitten und konnte sein Potenzial nicht entfalten. Die Grenznähe zum Ostblock und der Mauerbau haben beispielsweise die in der Gründerzeit gewachsenen Handelsbeziehungen blockiert und zerstört. Denn vor dem Ersten Weltkrieg war Oberfranken mit dem Fichtelgebirge ein wichtiger Industriestandort an den Handelsachsen Nord und Ost.  
Wichtig waren Textil- und Polstermöbelproduktion, die Glas- und Keramikherstellung, aber auch die Holz- und Nahrungsmittelindustrie. Während des Kalten Krieges lag Ostfranken an der Peripherie, sowohl der Bundesrepublik wie auch Europas, und musste sich nach Süden und Westen völlig neu ausrichten. Inzwischen haben sich neue Branchen etabliert wie Maschinenbau, Kunststoffverarbeitung und IT. Hier gibt es Weltmarktführer in Nischenmärkten, etwa der Zulieferer-Industrie. Hinzu kommt ein boomender Tourismus. Damit wächst ein weiterer zunehmend bedeutsamer Wirtschaftszweig in der Region.

Der erneute Erfolg von Oberfranken liegt darin, dass der Ostblock sich auflöste?

Ja, aber nicht nur, denn nach der Wende entwickelte sich die wirtschaftliche Situation zunächst gar nicht positiv: Durch niedrigere Löhne sowie Aufbau- und Ansiedlungshilfen für Unternehmen in Ostdeutschland verschärfte sich der Wettbewerb zunächst. Hinzu kam, dass im Landkreis Wunsiedel wegen der zunehmenden Globalisierung ab 1990 die bis dahin prägende Porzellanindustrie weitgehend einging. Die regionale Konjunktur verschlechterte sich massiv. Aus dieser Not heraus stellte sich der Landkreis neu auf und setzte auf mehr Diversifikation der industriellen Branchen.

Welche positiven Effekte hatte die Grenzöffnung für das Fichtelgebirge?

Profitiert hat die ganze Region vor allem, weil man im Jahr 2007 den „Schengen-Raum“ erweiterte und sich der Standort damit ökonomisch wieder in sehr zentraler Lage befand. Seitdem blüht Oberfranken auf. Auch die erfolgreiche Integration in die globalen Märkte begünstigt den enormen Aufschwung der letzten Jahre: Produktentwicklungen und Waren werden zum größten Teil weltweit exportiert.

Weshalb sehen Sie großes Potenzial in Oberfranken?

Weil hier viel investiert wird und die mittelständische, international aufgestellte Wirtschaft stark ist.  Auch der Tourismus ist heute ein Wachstumsmotor. Seit 2011 steigen die Besucherzahlen stetig an, und im Rekordjahr 2019 belegte das Fichtelgebirge mit 1.433.649 Übernachtungen und einem Plus von 3,9 % Platz 2 der wachstumsstärksten touristischen Regionen in ganz Franken. Diese Entwicklung wurde nur durch Corona ausgebremst. Und selbst für diese zwei Jahre bewegt sich das Fichtelgebirge landesweit im oberen Segment. So blieben die Gäste in Ostbayern mit 3,7 Aufenthaltstagen durchschnittlich am längsten, gefolgt von Allgäu/Bayerisch-Schwaben mit 3,5 Tagen.

Und wie ist die Entwicklung beim Tourismus 2022?

Sehr gut. Die positive Langzeitentwicklung zeigt sich wieder, wenngleich das Niveau von 2019 dieses Jahr sicher noch nicht erreicht wird. Das gilt auch für andere Ferienorte in Deutschland. Dauerhaft wird der Deutschlandtourismus aber weiter wachsen. Das haben die letzten 10 Jahre gezeigt.

Sie arbeiten im Fichtelgebirge derzeit an drei neuen Projekten.

Ja, in Selb, Weißenstadt und Bischofsgrün. Wir unterstützen die Städte und Gemeinden, ihre Standorte gewerblich und touristisch weiterzuentwickeln. Dazu gehört neben Ferien- und Aparthotelkonzepten auch der klassische Wohnraum. Es braucht übergreifende Konzepte, um den Wirtschafts- und Tourismusstandort „Fichtelgebirge“ für die Zukunft sicher aufzustellen und weiterhin auch städtebaulich hohe Attraktivität zu schaffen.

Worauf kommt es an?

Entscheidend ist der intensive Austausch mit den Städten und Gemeinden. Was sehen diese als Bedarf, was brauchen sie? Hier können wir uns als Investoren mit unserer Expertise, aber auch finanziell einbringen. Es gibt meist verschiedene Lösungen, die man diskutiert. Alles, was in die Umsetzung geht, wird von uns detailliert ausgearbeitet.

Wann starten die ersten Projekte?

In Selb realisieren wir auf zwei Grundstücken Mehrfamilienhäuser mit insgesamt ca. 40 Wohneinheiten und beabsichtigen, noch in 2022 mit dem Bau des ersten Objekts mit 19 Wohneinheiten zu beginnen. In Bischofsgrün und Weißenstadt befinden wir uns in der Entwicklungsphase. Hier wird erst noch das Gesamtkonzept für die jeweiligen Areale definiert.

[ September 2022 ]

 

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Die Wirtschaft im Fichtelgebirge wächst nachhaltig

–––––„Zahlreiche globale Nischenplayer, die ‚Hidden Champions‘, bilden zusammen mit familiengeführten Unternehmen eine solide Mittelstandsbasis. Hinzu kommen gezielte Förderprogramme des Bundes und des Freistaates Bayern, die das Wirtschaftswachstum weiter befördern. Dies gilt auch für touristische Investitionsvorhaben.“–––––

Florian Ernst, Wirtschaftsförderung, Landratsamt
Wunsiedel im Fichtelgebirge

Knud Wilden

Geschäftsführer W&N am Hauptsitz Dachau bei München und Warnemünde. Spezialisiert auf Wohn- und Ferienimmobilien, baute er das Geschäftsfeld an der Ostsee auf und beteiligt sich heute an der erfolgreichen Entwicklung ganzer Tourismus-Standorte, aktuell auch im Fichtelgebirge.